Dienstag, 8. November 2011

8 Rules for Writing by Writers - die Lektorin

Herr Gray hat sich für einen neuen Beitrag innerhalb seiner kleinen Serie „8 Rules for Writing by Writers“ einmal an eine Vertreterin einer unter Autoren (und solchen, die es noch werden wollen) legendären Berufsgruppe gewandt: an eine Lektorin. 

Marion Voigt ist Mitglied im Verband freier Lektoren und hat sich aufgrund von Herrn Grays Anfrage die Mühe gemacht, aus ihrer Sicht einige Argumente dafür zusammenzustellen, weshalb ein Autor sich auf ein professionelles Lektorat für seine Texte einlassen sollte. Und zwar möglichst bevor er damit in irgendeiner Art und Weise an die Öffentlichkeit geht.

 Marion Voigt

Der Autor und sein Lektor: Sieben Sätze, die es in sich haben

Glücklich, wer schreibt und einen professionellen Erstleser hat. Jemanden, der das Werk bis zur Veröffentlichung begleitet und die Autorin, den Autor anspornt, das Beste aus sich rauszuholen. 
Ist das so selten?
Mit Hilfe der folgenden sieben Punkte lässt sich ausloten, wie gut die Chancen auf eine ersprießliche Zusammenarbeit zwischen Autor und Lektor stehen:


1. Eine Lektorin? Brauch ich nicht.

»Mein Text ist nahezu perfekt. Die paar Flüchtigkeitsfehler, die da noch drinstecken, seh ich beim Korrekturlesen selbst.«

Soll schon vorgekommen sein. Wer schreibt, weiß aber auch, dass Urteilskraft und Aufmerksamkeit gegenüber dem eigenen Text leicht verlorengehen. Die Lektorin bringt den nötigen Abstand mit, um nicht zu lesen, was gemeint ist, sondern was dasteht.


2. Mein Lektor versteht mich nicht …

»Da steht es doch schwarz auf weiß. Besser kann man das nicht sagen.«

Im Allgemeinen ist der Lektor nicht begriffsstutziger als die erhofften zukünftigen Leserinnen und Leser. Wenn er über eine Formulierung stolpert, lohnt es sich, die Passage noch mal unter die Lupe zu nehmen. Am besten gemeinsam.


3. Hilfe, mein Text wird kastriert!

»Das geht wirklich zu weit, wenn hier jemand streicht, dann ich.«

Ob das Einzelne zum Ganzen passt, merkt jede Leserin, jeder Leser intuitiv. Der Abschnitt zum Kapitel, der Satz zur Figur etc. Durch Streichen, Verschieben, Umformulieren können sich ganz neue Perspektiven ergeben – vorausgesetzt, es ist klar: Änderungen sind vor allem Vorschläge und führen vielleicht erst zur besseren Alternative.


4. Hoffentlich findet die nix ...

»Ich kann wirklich gut schreiben. Und ich bekomm die Krise, wenn mir jemand Fehler anstreicht.«

Falsch oder richtig, das ist nicht das Thema. Im Lektorat geht es um sprachliche Konventionen und Lesegewohnheiten, um Zielgruppen und Genres. Aber was macht einen stimmigen Text aus? Das klärt sich oft überraschend durch das Feedback der Lektorin.


5. Was tut der überhaupt für sein Geld?

»Was sollen die Fehler in den Fahnen. Hat der Lektor gepennt?«

Der Lektor ist kein Korrektor. Je intensiver die Arbeit am Text ausfällt, desto mehr verliert auch der Lektor an Distanz. Dagegen gibt es Strategien, aber es bleibt immer mal was stehen. Idealerweise lesen vor der Veröffentlichung außer dem Autor noch zwei neutrale Personen Korrektur.


6. Das macht meine Lektorin schon.

»Der Plot muss stimmen, alles andere findet sich.«

Jahreszahlen, Namen, Merkmale – in den Details genau zu sein lohnt sich. Nicht nur weil es Zeit und Kosten für die nachträgliche Recherche spart, sondern auch als vertrauensbildende Maßnahme und Signal an die Lektorin: Dieser Text hat Hand und Fuß.


7. Ich hab da noch eine Idee!

»Der Abgabetermin ist nicht das Wichtigste, schließlich soll mein Buch gut werden.«

Irgendwann ist der Zeitpunkt da. Das Werk aus der Hand geben, loslassen, zurückbleiben … Die redigierte Fassung sieht schon ein wenig fremd aus, und sie enthält ein paar brauchbare Anregungen des Lektors. Aber so schwer es fällt – jetzt sind Überarbeitungen fehl am Platz. Es sei denn, Zeit und Geld spielen keine Rolle.

 Copyright OL-Cartoons 
Marion Voigt ist entweder über ihre Webseite  oder über ihren Facebookauftritt zu erreichen.

Samstag, 5. November 2011

Er läuft, und läuft, und läuft .....

„He keeps walking“ – das ist der ebenso simple wie geniale Werbeslogan, der Blended Scotch Marke „Johnny Walker“.
Und Johnny Walker ist – ob nun mit rotem, grünen oder schwarzen Label – nicht Herrn Grays Lieblingsscotch. Denn das ist 12 Jahre alter „Laphroaig“-Single Malt. 


Weshalb dann hier auf Herrn Grays Blog über Johnny Walkers“ Werbeslogan posten?
Es gibt da noch einen anderen, ausser dem kleinen Johnny aus den schottischen Highlands, welcher „keeps walking“: Wladislaus Wajda aus dem Buch „Wolfswechsel“ nämlich, das heute seit 150 Tagen in den Kindle Top 100 vertreten ist.
Das ist schon ein Erfolg.
Eigentlich ist es sogar mehr als nur irgendein „Erfolg“.
Eigentlich ist das höchst erstaunlich, für ein Buch, das fast fünf Jahre lang kein Verlag haben wollte, weil es entweder in keine „Genre-Box“ passte, oder mit 150 Manuskriptseiten den Verlagslektoren zu kurz war, oder ihnen sein Thema zu kontrovers erschien, zumal Herr Gray bis dato höchstens in Film und Drehbuchkreisen als Autor einen sehr bescheidenen Ruf genoss, und seine Bücher daher nach Ansicht der Marketingmenschen in den verschiedenen Verlagshäusern für das große Publikum (noch) nicht „reif“ waren.
Dennoch hat sich Wladislaus Wajdas Geschichte als Kindle Ebook inzwischen über 5.000   Mal in Deutschland verkauft, und verkauft sich weiterhin. 

Es gibt eine Menge Kollegen – darunter auch Indie–Kollegen – die zweifellos mehr Bücher verkauft haben, als Herr Gray.  Dennoch liegen die Verkäufe der breiten Masse an Indie-Autoren noch sehr deutlich unter solchen Zahlen.
Diesen Kollegen sei hiermit Mut zugesprochen.
Herr Gray ist überzeugt, habt ihr einen spannenden, aufregenden und gut geschriebenen Text kombiniert mit einem guten Cover, dann habt ihr weiterhin nichts weiter zu fürchten, als Eure Furcht vor dem Markt selbst.
Und nun?
Nun macht sich Herr Gray auf, eine Flasche guten Wein zu kaufen. Und vielleicht wird er dabei sogar richtig übermütig und legt gleich noch eine Davidoff-Siegerzigarre drauf, die er heute ganz für sich allein mit einem dämlich glückseligen Grinsen im Gesicht zu ein bis fünf Gläsern Rotwein in seinem stillen Schreibkämmerlein rauchen wird, bis die Decke blau vor kubanischem Tabakqualm ist. 


Erhältlich ist "Wolfswechsel" hier:


und hier: 

beam.de für oyo und epub

Dienstag, 1. November 2011

Die üblichen Verdächtigen




                                                      Karikatur von Loriot



In den seltenen Fällen, das irgendwer über dunkle Kanäle und mit Hilfe furchtbarer Intrigen darauf gekommen ist, womit Herr Gray den (geringeren) Teil seines Geldes verdient - dem Verfassen von Romanen nämlich - wird er im Anschluss meist mit einer Reihe Fragen konfrontiert.

Dieser Katalog von Fragen ähnelt sich jedes Mal auffallend. Ich taufte ihn daher „ Die üblichen Verdächtigen“. 
Ich bin sicher, dass ich längst nicht der einzige Schreiber bin, der mit diesen „üblichen Verdächtigen“ zurande zu kommen hat und will sie daher hier in aller Öffentlichkeit sozusagen ein für alle Mal abhandeln.

Die drei Klassiker schlechthin: 

Frage:

Wann fallen Ihnen ihre Geschichten ein?

Antwort:

Ich weiss es nicht. Oder genauer: es existiert einfach keine Regel, auf die man den Daumen legen könnte. 

Ich weiss das hört sich jetzt womöglich merkwürdig an, aber es ist dennoch wahr: mir ist schon ein Plot für eine Shortstory auf dem Männerklo einer Disko eingefallen. 
Eine andere Geschichte erschien plötzlich in meinem Hirn, während ich auf dem Dach eines Busses, der zwanzig Jahre älter war als ich, in Ostnepal eine Bergstraße herauf fuhr und dabei meine Bergschuhe von einer mitreisenden verängstigten Ziege angeknabbert wurden. 
Wenn für mich in dieser Beziehung überhaupt  irgendeine Art von Regel existiert, dann lautet die, dass mir immer dann, sobald irgendeine Deadline näher rückt, ganz bestimmt NICHTS einfällt.

Frage:

Weshalb schreiben Sie, Herr Gray?

Antwort:

Es gibt einfach nicht viel, wozu ich sonst tauge. Obwohl ich einen Nagel in eine Wand schlagen könnte, ohne mir die Finger mit Blutergüssen zu verzieren, bin ich kein besonders guter Handwerker.

Ich kann außerdem auch nicht mit fünf Bällen gleichzeitig jonglieren und im Musikunterricht in der Schule war meine Lehrerin so gnädig., mich die Texte der Lieder, die alle anderen vorsangen, einfach als Gedichte rezitieren zu lassen, da meine Stimme klingt, wie eine angerostete Säge. Dass es mit einer Sangeskarriere für mich nichts werden konnte, wurde mir daher schon in einem recht zarten Alter klar.

Was ist mit den anderen Professionen, in denen sich Leute mit einem eher mittelmäßigen Talentlevel gewöhnlich sonst so tummeln?

Was ist mit einer Versicherungskarriere, oder einer bei einer Bank, oder in irgendeiner Nische im Beamtenapparat, zum Beispiel als Lehrer oder – weshalb nicht? – Polizist?
Sicher davon stand mal einiges zur Debatte.

Dennoch wusste ich etwa zur selben Zeit, als ich einsah, dass es mit einer Gesangskarriere nix werden würde, dass es im Grunde nur drei Schulfächer gab, in denen ich ohne viel dafür tun zu müssen, stets ganz passable Noten erzielte:  Deutsch, Geschichte und Kunst. 
Nachdem mir ein netter Kunstprofessor mittelte dass mein Zeichnerisches und Malerisches Vermögen womöglich tatsächlich um ein bis zwei Punkte über dem meines musikalischen Talentes lag, aber nur deswegen längst nicht ausreichte, um es in der Bildenden Kunst zu mehr zu bringen, als bloß einer Lebensstellung als Sozialhilfeempfänger, blieben noch: Deutsch und Geschichte.

Und obwohl es von da ab immer noch eine Weile dauerte, bis ich die Berufsnische fand, in der ich mich nunmehr eingerichtet habe, war es trotzdem von Anfang an eigentlich nur eine Frage der Zeit, das zu werden was ich heute bin: ein freier Journalist und Autor.
Na klar – der Verdienst könnte besser sein. 

Aber Geld ist auch nicht alles im Leben, oder?

Frage:  

Kann man schreiben lernen?

Antwort:

Zweifellos. 

Ein einziger Blick in eine deutsche Grundschule sollte auch den größten Skeptiker in dieser Beziehung vollauf befriedigen. 

Falls die Frage allerdings darauf abzielte, ob man fiktionales Schreiben lernen kann, lautet meine Antwort schlicht und ergreifend: ich weiss es nicht. 

Ich habe nie einen Creative Writing Kurs besucht. 

Mit Sicherheit weiss ich nur eines: die beiden entscheidenden Eigenschaften es in der Schreiberei zu irgendetwas zu bringen, bestehen 1) in Geduld  und 2) in der Bereitschaft für harte Arbeit.