Donnerstag, 14. Juli 2011

Der Tsunami aus Mist


In den letzten  Wochen wurden immer mal wieder gewisse böse Vermutungen zu den von manchem  in der Verlagswelt als Bedrohung aufgefassten  Ebooks laut. 
Da hieß es nämlich, man hätte auch bei den Ebooks früher oder später mit Spam zu rechnen, soll heißen: schlecht gemachten via copy and paste zusammengeschusterten Titeln, die zu 99 Cent bei Amazon und anderswo angeboten werden und dort womöglich die Top Listen zumüllen könnten und damit den Verkauf der besseren, der von wirklichen Autoren verfassten Ebooks bedrohten. Holger Ehling, bekannter Medienmann und Blogger, hat in den Weiten des world wide web sogar eine Anleitung für künftige Ebook-Spammer ausgemacht.
Herr Gray kann dazu nur sagen: an diesen Befürchtungen ist wohl wirklich etwas dran. Die Frage ist nur: wie viel ist denn nun dran. Und: wird’s denn wirklich so schlimm wie mancher das befürchtet? Droht uns tatsächlich „A Tsunami of Crab – ein Tsunami aus Mist“, wie der erfolgreiche US Autor Joe Konrath das Phänomen auf seinem Blog taufte?



 Joe Konrath (rechts) und sein Kollege, der Krimiautor Blake Crouch auf dem Cover eines US Magazins 

Denn obwohl Mister Konrath Amerikaner ist und seine Sichtweise daher vom amerikanischen Ebook-Markt geprägt, nimmt man hierzulande, die vermeintlichen Gefahren dieser Ebook-Spams offenbar ebenfalls durchaus ernst.
Joe Konrath, kein Fan von blumigen Umschreibungen, meint hinter dem Ebook-Spam-Hoax jedenfalls etwas ganz anderes ausgemacht zu haben, als nur einen Angriff nerviger Spammer und billiger Abzocker.
Er glaubt hinter der Verbreitung solcher Befürchtungen steckte eine Art lockerer Allianz von Printautoren und Vertretern großer Verlage, die von der rasanten Entwicklung des Ebook-Marktes in USA, UK und anderswo eingeschüchtert und überrumpelt, solche Gerüchte und Befürchtungen streuten, da sie sich offenbar in ihrer Rolle als Torwächter über das literarische Treiben, derzeit tief verunsichert fühlen und befürchten womöglich demnächst noch weiter als bisher aus ihrer angestammten Rolle verdrängt zu werden.
Moment mal!
Von wem genau befürchten diese Leute nun angeblich aus ihrer angestammten Rolle verdrängt zu werden?
Joe Konrath (und einigen anderen) zufolge seien es erfolgreiche Indie-Autoren, die über Amazon, Apple oder Barnes & Noble ihre Texte lieber selbst unters Volk bringen und sich auch ohne Verlagsverträge mächtige Stücke aus der ständig wachsenden Ebook-Markt-Torte heraus beißen. Denn letztlich ist ein guter Text ein guter Text, ob er nun mit einem Verlagslabel auf dem Cover angeboten wird oder nicht, und er hat in der schönen neuen Medienwelt immer eine sehr gute Chance seine Leserschaft zu finden.
Sollte Joe nun tatsächlich richtig liegen? Oder publizierte er da auf seinem Blog nur eine Verschwörungstheorie mehr im an abstrusen Verschwörungstheorien so schon überreich gefüllten Internet?
Herr Gray meint – ob Mister Joe Konrath mit seinen Vermutungen richtig liegt oder nicht, ist womöglich gar nicht so entscheidend, denn Joe gesellt seiner These ja auch gleich eine verblüffende Lösung hinzu. Er glaubt nämlich, dass bösen Gerüchten und Befürchtungen zum Trotz ohnehin der Markt selbst das Problem lösen wird. Es existieren schließlich bereits unzählige Foren, Communities und Webseiten im Netz, die es sich zur Aufgabe gemacht haben die Zielgruppe selbst – den Leser nämlich - in Form von Rezensionen über die Qualität all der vielen Ebook-Titel entscheiden zu lassen, die auf Amazon oder dem Ibookstore um die Gunst der Käufer buhlen.
Und in einem Punkt ist sich Herr Gray mit Mister Joe Konrath aus USA ja auch absolut einig: in Zeiten von Internet und Social-Media kann man die Leser tatsächlich nur noch über einen sehr begrenzten Zeitraum über die miese Qualität so mancher als großartig angepriesenen Ebook-(und Print-)Titel hinwegtäuschen. Auch wenn Herr Gray über die penetranten neoliberalen Propagandisten des freien Marktes, selten irgendetwas Gutes oder auch nur besonders Respektables zu schreiben wüsste, in diesem Fall ist auf die Wertigkeit von deren Mantra, dass der freie Markt so ziemlich jedes ökonomische Problem schon lösen würde, sehr wahrscheinlich Verlass.
Sicher – es wird solche Spam-Ebooks geben und ganz bestimmt werden sie wie die Email-Spams von Zeit zu Zeit in Wellen die Ebook-Märkte überschwemmen. Und gewiss werden da zehn bis tausend Menschen irgendwo auf der Welt ein, zwei Mal die schnelle Mark machen, aber eine regelrechte Bedrohung für den Ebook-Markt als solchen, oder gar die wirklichen Autoren, die ihn mit ihren Geschichten bedienen, stellt jener Tsunami aus Mist nun eher nicht dar.
Die wirklich spannende Frage im Ebook-Markt nicht nur hierzulande, sondern weltweit, ist doch eher: wie geht man mit Raubkopien und illegalen Downloads um, denn die machen ja angeblich bereits einen durchaus zweistelligen Anteil an den Ebooks auf den verschiedenen Ereadern von Kindle über Oyo bis Ipad aus.
Doch auch hier ist Herr Gray durchaus zuversichtlich (wahrscheinlich als einer von wenigen in der Branche).
Denn liebe Leser, fragen Sie sich doch einmal selbst: machen Sie sich wirklich noch die Mühe eine Googlerecherche zu starten, um herauszufinden, wo Sie welches Ebook zum Nulltarif downloaden können, wenn es Ihnen bei Amazon oder im Ibookstore ganz legal und offiziell zu einem Preis angeboten wird, der teilweise noch unter dem einer Tafel Aldi-Schokolade liegt, aber auf jeden Fall unter dem eines Glases Bier oder Wein in irgendeinem Biergarten oder Restaurant?

                 Karikatur von Randy Glasbergen "Spam in Heaven"

Und selbst wenn - entgegen Herrn Grays Prophezeiung - der Tsunami of Crap schlimmer und stinkender über uns herein schlagen sollte als erwartet, existieren neben dem Markt noch weitere Regulative: wir Autoren nämlich. Die Frauen und Männer, welche gute Bücher zu einem tollen Preis produzieren können, an dem sie dennoch auskömmlich verdienen, aber Sie liebe Leser, auch zunehmend Ihre Freude haben. Wir werden Sie auch weiterhin mit unseren Geschichten versorgen. Und die Revolution im Buchmarkt hat hierzulande ja auch erst begonnen und kaum wirklich Fahrt aufgenommen. Sie als Zielgruppe, werden uns sicher nicht abhanden kommen selbst, falls Sie ein oder zwei Mal das Pech hatten, irgendeines dieser miesen Copy and Paste-Machwerke für ein paar Cent auf Ihren Ereader gezogen zu haben.
Im Gegenteil, wage ich jetzt und hier zu behaupten, dass Sie nach einer solchen unglücklichen Erfahrung erst recht nachsehen werden, wie die Rezensionen für irgendein neues Buch bei Amazon oder anderswo aussehen, oder ob in diesem oder jenem einschlägigen Forum vor irgendeiner akuten Ebook-Spam Welle gewarnt wird.

1 Kommentar:

  1. Der Spam ist doch schon lange da... Aktuelles Beispiel, ein bischen aufbereitet:

    http://madhatter.ca/2011/10/31/corporate-copyright-scofflaws-0011-hephaestus-books/

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