Mittwoch, 4. Dezember 2013

Sherlock … die Spannung steigt ….





Den fünfzehn bis dreiundzwanzig Menschen, welche sehnsüchtig auf den 2. Teil meiner Sherlock Holmes Trilogie harren, steht eine schlechte Nachricht bevor: Der Erscheinungstermin hat sich auf Mitte / Ende Dezember verschoben.

Und wer hat’s gemacht? Die Schweizer von Ricola Käuterzucker?

Nein?

Wer dann?

Dieser, unten stehend abgebildete, Herr mit dem geschmacklich nicht unbedingt Mainstream kompatiblen Bart und Ohrschmuck. 


 
 "most suspicious" Herr ...



Oh sicher, denkt da mancher und sagt sich: He certainly looks the part, does he? Indeed, he does, Mister Gray is inclined to answer.  

Und was hat der Mann getan, um Sherlocks Erscheinungstermin so fies zu verzögern? Hat er Herrn Grays Laptop gestohlen? Seinen Mailaccount gehackt, oder Sherlocks Autor womöglich mit einem fiesen Zombievirus infiziert?

Nichts von alledem.

Herrn Gray geht es den Wetter –und häuslichen Umgebungsumständen entsprechend physisch und psychisch gut. Und er ist auch weder von jenem ominösen Herrn bestohlen, noch bedroht worden. 


Dieser Herr ist (trotz seiner für viele eher verdächtigen Bartpracht) Funktionär des deutschen Schriftstellerverbands und außerdem Verlagslektor und hat darauf bestanden, dass Herr Gray zunächst an seinem für nächstes Frühjahr geplantem Verlagsbuch arbeitet, statt Sherlock und Watson zu ihrem Recht zu verhelfen.

Da Verlagsveröffentlichungen von langer Hand geplant und vorbereitet werden wollen und weniger flexibel ablaufen, als Herrn Grays übliche Onemanshow Indie-Produktionen mussten die beiden viktorianischen Helden sich – leider, leider – vorläufig etwas weiter hinten anstellen.  (Und ich verrate hier sicherlich keine Küchen oder gar Ermittlungsgeheimnisse, wenn ich Sherlocks begierigen Fans von ihm ausrichte, dass er „certainly not amused about is“)

Oh, fragt man sich innerhalb der überschaubaren Traube der Gray-Fans, was ist denn das für ein neues Buch? Worum geht’s da und ist es denn möglicherweise überhaupt gut und spannend genug, um dafür den besten Detektiv der Welt und seinen treuen Doktor zu vernachlässigen?

Eine Frage die ziemlich schwer zu beantworten ist, liebe Freunde, beste Feinde und zufällige Blogleser. Doch werde ich es in knappen Worten dennoch versuchen.

Der Held jenes nächsten Verlagsbuches von Herrn Gray ist nicht weniger bekannt als Mister Sherlock Holmes, the first consulting detective. Nur könnte man durchaus behaupten, dass jener ominöse Herr nicht als Mister, sondern eher als Monsieur angeredet werden will. Mit anderen Worten: Der Typ ist Franzose. Und ihn berühmt zu nennen ist gewissermaßen irreführend. Berüchtigt trifft in seinem besonderen Fall eher den Kern des Pudels.  Und wenn der Leser ihn in Herrn Grays Printbuch trifft, ist er fett, lahm, recht alt und hängt – gezwungenermaßen -  relativ lustlos  in einer Irrenanstalt vor den Toren von Paris ab, während zur selben Zeit im Louvre Napoleon Bonaparte entweder gerade rauschende Feste feiert oder über raffinierten neuen Feldzugsplänen brütet… 

Zum Trost für alle Sherlock Fans hier wenigstens der - allzu kurze -  Trailer für BBC's Sherlock Serienstaffel Nummer 3











Donnerstag, 21. November 2013

The Strange Case of Dr Watson at Nighttime



Angeblich hat die BBC Sherlock Serie den Verkauf von britischen Teekannen weltweit angekurbelt. Das Internet ist voll von Sherlock Fanart und Wallpapers und Millionen von Zuschauern von Sydney bis Kinshasa und San Francisco bis Moskau fragen sich wie Sherlock den Sturz vom Dach des Saint Bart’s Hospitals am Ende der 2. Serienstaffel überlebt haben soll.
Ich frage mich das – nebenbei bemerkt – auch.
Aber viel wichtiger noch, frage ich mich was unter all den vorangegangenen Sherlock Holmes Adaptionen gerade diese so unglaublich erfolgreich macht?
Der ganz große TV-Seriengemischtwarenladen der Welt ist schließlich übervoll von Krimis in allen Formen und Stimmungen, da war – sollte man meinen – auch vor Sherlock für jeden etwas Faszinierendes dabei. 
Okay, Sherlock Holmes zählt zusammen vielleicht mit Dracula und dem Jekyll & Hyde Thema zu den absoluten Evergreens unter den Kunstfiguren. Daher war es von Anfang an keine so miese Wette ihn in einer TV-Serie wieder zu beleben. Zumal von der BBC, dem TV- Lieferanten, der die Ätherhoheit über Sherlocks Londoner Heimat hält. 
Trotzdem hätten Autoren, Produzenten und Schauspieler ihre Wette auf eine Neuinterpretation des berühmtesten Detektivs der Welt immer noch locker verlieren können. 
 Dass sie ihre Wette gewonnen haben, liegt meiner Auffassung nach an zwei Aspekten der Show, auf die deren Autoren Steven Moffat und Mark Gatiss wirklich stolz sein können. 


Benedict Cumberbatch als Sherlock. Die Übersetzung des Spruchs: "Anderson, reden Sie nicht so laut. Sie verringern dadurch den IQ der gesamten Straße"

Erstens, sie haben von der ersten Aufblende des ersten Teils der ersten Staffel an auf eine unterschwellige Ironie gesetzt, die sowohl Plots als auch Settings und Dialoge bestimmt. (Zum Beispiel Sherlock vor einer 5-8 Millionen Pfund Villa in Belgravia eine .45er abfeuern zu lassen um die Polizei herbeizurufen, enthält ausgerechnet in London so viele ironische, soziologische und psychologische Meta, Deta- und andere Über- und Unterebenen, dass ich gar nicht erst damit beginnen will sie alle anzuführen.)

Sherlocks leicht exzentrische Art und Weise im Londoner Nobelviertel Belgravia die Polizei zu rufen ....

Zweitens, haben sie bei der Entwicklung der Serie nie aus den Augen verloren, dass die wirkliche Herausforderung nicht in der Charakterisierung Sherlocks besteht,  sondern der Watsons.
Denn, Freunde, ganz objektiv betrachtet bekommt Sherlock zwar all den Glamour und ein paar exzellente Ein- bis Zweizeiler Dialog, aber das Publikum an einen überintelligenten, in seinem Sozialverhalten deutlich gestörten und den meisten seiner Kollegen grimmig beneideten Typen zu fesseln ist keine Herkulesaufgabe für einen erfahrenen Drehbuchautor. 


Martin Freeman der Darsteller Watsons in der BBC Serie Sherlock. "Wir können hier nicht kichern, das ist ein Tatort!"


Watson ist jedoch ein Jedermann, der ganz normale Typ links oder rechts von der Ecke, sympathisch sicherlich, aber auch etwas blass und dennoch gerade deswegen der Katalysator durch den wir Sherlock sehen und vor dessen Hintergrund Sherlocks Fähigkeiten und Exzentrik erst so richtig glänzen können. Im überwiegenden Teil vorangegangener TV- und Kinobearbeitungen des Sherlock Themas haben die Autoren Watson einfach ein bisschen einfältig gestaltet, mutig zwar und aufrichtig und ein ganz ordentlicher Schütze, aber eben auch kein Typ mit dem man voller Vorfreude und Spannung sich auf ein Bierchen verabreden würde. 
 Moffat und Gatiss gelingt es dennoch Watson, gerade weil er ein solcher Jedermann ist, zu einer faszinierenden Figur zu machen. Sie haben Sherlock zwar die besten Sprüche und die seltsameren Exzentriken  zugeordnet, aber Watson bekommt dafür die Szenen zugeordnet, die uns – dem ganz gewöhnlichen TV-Publikum – das Grausen über den Rücken laufen lassen. 
Wer erinnert sich nicht an die Szene in der ersten Sherlock Staffel, als Watson diese ganz normale Londoner Straße heruntergeht und plötzlich erkennt, dass jede der vielen CCTV Kameras und sogar die Telefone in den Telefonzellen zu klingeln beginnen und er plötzlich erkennt, dass all dies ihm gilt – und zwar nur ihm. 
Creepy. 
Strange. 
Gruselig. 
Aber eben auch visuell und konzeptionell eindrucksvoll. 





 

Dienstag, 19. November 2013

Das Grab der Molly Maguire



Worum geht es im 2. Teil von David Grays Sherlock Holmes Trilogie?

Um einen Mord natürlich, worum sonst?  
Es ist allerdings kein ganz gewöhnlicher Mord (falls so etwas denn überhaupt existieren sollte), sondern einer der erschreckend an die Taten Jack the Rippers erinnert. Inspektor Lestrade zieht Sherlock hinzu, der wiederum seinen treuen Freund Dr Watson in aller frühe aus dem Bett klingeln und zum Tatort bringen lässt. 
Dieser Tatort liegt im Eastend, nur wenige Meter entfernt von Miller’s Court, dem Hinterhof, in dem der Ripper sein letztes Opfer tötete. 

Eine Impression des Eastends aus dem Computerspiel "Sherlock Holmes jagt Jack the Ripper"

So beschreibt Watson die Gegend, in der ihn sein alter Freund Holmes an diesem nebeligen Morgen erwartet:

Lange bevor er der ersten Gebäude des Eastends angesichts wurde, traf den Besucher der durchdringende Gestank der Gegend. 
Es war ein eigentümlich brennender Geruch, der sich zusammensetzte aus dem Rauch der Kohleöfen, den Ausdünstungen auf engstem Raum zusammengepferchter Menschen, den fettigen Brodem der Schlachthöfe und Metzgereien und den Schwaden des heißen Öls, das die Maschinen in den Werkstätten und Fabriken der Gegend schmierte. Als letzte Zutat in der Mixtur durfte der muffige Dunst des brackigen Themsewassers nicht fehlen, der sich bei niedrigem Luftdruck mit allen den übrigen Schwaden, Dämpfen und Dünsten verband und dann wie eine klebrige unsichtbare Haut über alles legte, was sich in der Nähe der Docks befand.
An keinem anderen Ort der Welt lebten, arbeiteten, stritten, liebten und starben so viele Menschen auf so geringem Raum beieinander, wie hier.  Es waren Iren, Schotten,  Juden, Deutsche,  Italiener und sogar so einige Inder, die in einer nie abebbenden Welle auf diesen wenige Quadratmeilen großen Flecken der Metropole zusammenströmten. Auf einen Mann, der zwischen den  sanften Hügeln Wales oder den grünen Feldern Irlands aufgewachsen war, musste das enge Labyrinth der Häuser, Gassen und Fabriken des Eastends wie eine Form der irdischen Hölle wirken.  
Es schien als hätte Lestrade jeden Mann, den er greifen konnte, hierher beordert, um die Dorset Street und deren umliegende Kreuzungen sperren zu lassen. Sogar in so einigen der Hauseingänge standen Constabler wacht. In ihren feucht glänzenden Mänteln und steifen Helmen, wirkten sie beängstigend und geisterhaft, wie Sendboten aus einer anderen Welt. 
Ich trat in den engen Durchgang, der von der Dorset Street zu Miller’s Court führte, bestimmt nicht in Furcht. Trotzdem lag ein gewisses Zögern in meinem ersten Schritt zwischen die feuchten rußgeschwärzten Ziegelmauern. Alte Soldaten, wie ich, entwickelten eine natürliche Abneigung gegen Orte, an denen in sinnlosen Akten von Grausamkeit Blut vergossen worden war.  Und hier in Miller’s Court war auf überaus grausame Weise unschuldiges Blut vergossen worden.
Mit Hilfe von Mycrofts Beziehungen war es Holmes seinerzeit immerhin gelungen an eine Abschrift der Polizeiberichte im Fall der Marie Jane Kelly gekommen. Es widerstrebt mir im Zusammenhang mit dem Fall Marie Jane Kelly den Begriff Mord zu verwenden, denn was der Ripper mit seinem letzten Opfer anstellte, war mehr als ein Mord - es war eine Schlachtung, die völlige Vernichtung eines menschlichen Wesens. 
Noch verborgen zwischen Nebelschwaden und dem Vorhang des Nieselregens, der inzwischen eingesetzt hatte, musste nur wenige Schritt von hier, die Tür zu dem kleinen Zimmer liegen, in dem Marie Jane Kelly am frühen Morgen des 9. Novembers 1888 ihr furchtbares Ende fand.
Es war soviel Blut in dem Raum verteilt gewesen, dass die ersten Männer, die ihn zuerst betraten – ein Inspektor und Dr. Philipps, der herbeigerufene Arzt – auf dem schlüpfrigen Boden ausrutschten und zu fallen drohten.  Laut Doktor Philipps war es absolut unmöglich  einen Schritt in dem Zimmer zu tun, ohne dabei entweder in Blutlachen oder Fleischfetzen zu treten.
Der Ripper hatte Miss Kelly die Kehle durchtrennt, sie dann vom Halsansatz bis zum Schambein hinab aufgeschnitten und die meisten ihrer inneren Organe entnommen. 
Marie Kellys Gesicht war dabei bis zur Unkenntlichkeit zerschnitten und zerhackt worden. Weite Bereiche ihrer Schenkel waren bis zum Knochen herunter abgeschält und ihre Brüste abgetrennt worden. Maries innere Organe fanden sich an verschiedenen Stellen des Zimmers verteilt. Und eine ihrer abgetrennten Brüste lag ausgerechnet unter ihrer zerhackten rechten Wange.  All dies sollte ausreichend Beweis für den Wahnsinn darstellen, der an diesem 9. November in dem Zimmer in Miller’s Court raste.  Aber Dr. Philipps stellte überdies fest, dass - als unfassbaren Höherpunkt seines Wahnsinns -  der Ripper Mary Jane Kellys Herz solange in einem Teekessel über dem Kaminfeuer hatte kochen lassen, bis das billige Kesselblech in der Hitze teilweise zu schmelzen begann.
Wahrscheinlich sprach es ja in einer bizarren Weise für all jene von den Poeten dem menschlichen Herzen zugeschriebenen Eigentümlichkeiten, dass sich selbst zwischen dem geschmolzenen Kesselblech immer noch Reste von Miss Kellys Herz erhalten hatten.



Auch die junge Frau, die Watson, Lestrade und Holmes in dem Hinterhof vorfinden ist in einer Art und Weise getötet worden, die eher an eine Schlachtung, eine völlige Vernichtung, erinnert, als an einen gewöhnlichen Mord.

Das ist, was Watson zwischen einigen Constablern, Lestrade und Holmes im Schmutz des Hinterhofs sieht:




Zu meinen Füßen lag in einer Spirale aus Gedärm ein Teil einer menschlichen Lunge. Der Darm, der sich in vier Windungen darum wand, lief zu einer geöffneten Bauchhöhle.  Einige Fuß daneben entdeckte ich einen fahlen Fleck auf dem Pflaster, der sich bei näherer Betrachtung als Brust herausstellte. Nicht weit von der Brust lag eine abgetrennte menschliche Hand. Drei, vier Schritt weiter entdeckte ich – endlich - die Überreste einer Frau im feuchten Schmutz des Hinterhofs. 
Wie Marie Kelly hatte man ihren Leib vom Halsansatz bis zum Schambein aufgeschnitten und offensichtlich nicht nur ihren Darm aus der Bauchhöhle gezogen. Denn gleich neben dem Schenkel der Toten lag auch eine ihrer Nieren. Außerdem schimmerte neben ihrem zerhackten Gesicht etwas, das mir ein Teil einer menschlichen Leber zu sein schien.
Als alter Soldat trug ich, weiß Gott, einige furchtbare Erinnerungen in mir. Aber das zu einer blutig grinsenden Fratze zerhackte Gesicht dieser jungen Frau brannte sich so tief in mein Hirn und Herz, dass darüber selbst die alptraumhaften Bilder der Schlacht von Maiwand verblassten, bei der ich dem Tode nur mit Müh und Not entgangen war.
Einer der Constabler würgte, zuckte und platzierte ein weiteres Häufchen Erbrochenes neben seine diversen Vorgänger. Ein Gutteil des scharfen Gestanks, der in dem Hof herrschte, musste von den verschiedenen Häufchen Erbrochenen ausgehen, die um die Absperrung herum am Boden lagen.
„Sollten auch Sie sich erleichtern müssen, Doktor, dann wäre ich Ihnen dankbar, falls Sie es einrichten könnten, dies über die Decken hinweg zu tun“, sagte Lestrade in einem Tonfall, der wohl nicht zufällig Holmes Wortwahl und klaren Akzent plagiierte. 
„Herzlichen Dank für Ihren Hinweis, Lestrade. Aber da Sie mich einige Stunden vor dem Frühstück aus dem Bett klopfen ließen, besteht dafür keine unmittelbare Gefahr“, gab ich bissig zurück.
Ich sah Lestrade geradeheraus in die Augen und wies dann auf die menschlichen Überreste am Boden.
„Das ist zweifellos der abscheulichste Anblick, dem ich in meinem ganzen Leben ausgesetzt worden bin.“



Den drei Detektiven wird schnell bewusst, dass die junge Frau deren furchtbar zugerichtete Überreste sie da in Augenschein nehmen, nicht in dem Hinterhof von Miller’s Court getötet worden sein kann.  Doch, fragen sie sich, wo wurde sie dann getötet und weshalb? 
 
Eine künstlerische Nachempfindung des Rippers aus heutiger Zeit
Sherlock ist sich jedenfalls auffallend sicher, dass sie nicht dem Ripper zum Opfer gefallen sein kann. Und das obwohl Watson und Lestrade ihn darauf hinweisen, dass man den Ripper bisher nie identifiziert, geschweige denn gefasst habe. Dennoch bleibt Sherlock hartnäckig bei seiner Auffassung: Diese Frau konnte nicht vom Ripper getötet worden sein.  Doch wer war es dann? Ein eigenartiges Stück schweren weißen Seidenstoffes, den Holmes bei dem Opfer fand führt unsere Helden wenige Stunden darauf zu einem Grab im berühmten Highgate Friedhof. Dort machen sie eine Entdeckung, die selbst Sherlocks geniale Intelligenz und Beobachtungsgabe zu überfordern  scheint. 
Aber so leicht geben Sherlock und Watson selbstverständlich nicht auf. So geraten sie im weiteren Verlauf ihrer Ermittlungen nicht nur mit dem vom Ripper besessenen Chefinspektor Abberline aneinander, sondern stechen auch in ein Wespennest, als sie auf eine geheime Bruderschaft irischer Freiheitskämpfer stoßen,  deren Mitglieder offenbar einiges zu verbergen haben. 


Doch das Schreckgespenst des Rippers scheint Sherlock und Watson einfach nicht aus seinen nebelhaften Fängen lassen zu wollen, denn nach dem irischen Geheimbund und dem vom Ripper besessenen Chefinspektor konfrontiert sie ihre Jagd nach dem Mörder der Toten von Miller’s Court offenbar auch mit einem alten Bekannten. Jenem Verbrechergenie nämlich, dessen mörderische Handschrift Sherlock bereits im Hintergrund der Geschehnisse um den „Geist des Architekten“ Archibald Pennyworth auszumachen glaubte. Und jener Schattenmann weiß wie man selbst  so entschlossene Männer wie Sherlock und  Watson in Angst und Schrecken versetzt….



Nachdem wir einen kurzen Blick miteinander gewechselt hatten stiegen wir die knarzende Treppe hinauf, an deren Ende ein weiterer Kerzenstummel etwas Helligkeit erzeugte.
Nur eine der vier Türen im oberen Stockwerk war leicht geöffnet. In dem Zimmer musste ein Feuer im Kamin brennen,  eine gewisse Wärme drang durch den Türspalt und auf dem Dielenboden tanzten bizarre Schatten. Ich ergriff die Kerze und warf einen Blick in die übrigen drei Räume im Obergeschoss – sie waren leer, und ihr Boden mit einer dicken Staubschicht bedeckt. Seit Wochen und Monaten konnte kein Mensch sie betreten haben.
Holmes stieß neben mir die Tür zu dem vierten Zimmer auf. Ein süßlicher Geruch, der an den Gestank von Abdeckereien erinnerte, schlug uns entgegen. 
Das Zimmer war bis auf ein Kaminbesteck, einen Rost und zwei Kohlenschütten leer.
Nicht einmal Vorhänge hingen an den Fenstern und die einzige Lichtquelle bot die gelblich rote Glut des Feuers, über dem an einem Gestänge ein hoher Teekessel aus grauem Blech hing, dessen Boden roter zu glühen schien, als selbst die Kohleglut der Feuerstelle.  Die Glut im Kamin füllte den größten Teil des Raums mit geisterhaften Schatten, unmöglich auf einen Blick zu erfassen, was sich in den Zimmerecken abspielen oder verbergen mochte.
Irgendetwas brodelte in dem Kessel vor sich hin. Er war die Quelle jenes ekelhaften Gestanks, der von hier aus bis ins Treppenhaus gedrungen war. 
Ich bin sicher, dass Holmes derselbe abscheuliche Gedanke in den Sinn kam, wie mir: In Miss Molly Maguires Post Mortem hatte man hervorgehoben, dass ihr Herz fehlte.
Holmes Gesicht verzerrte sich zu deiner Grimasse der Wut, als er den Kessel mit seinem Stock vom Feuer hob und vorm Kamin abstellte, dessen Deckel fiel dabei herab. 
Was da in dem heißen billigen Kessel kochte war tatsächlich Blut und in all dem brodelnden Blut schwamm etwas, das ich als ein menschliches Herz erkannte.
Ich warf einen Blick darauf, dann stürmte ich zum Fenster und riss es weit auf. Noch niemals in meinem Leben war ich so zornig gewesen, wie in jenem Augenblick.
Der Ripper hatte Mary Jane Kellys Herz in einen Teekessel geworfen und in ihrem eigenen Blut solange über dem Feuer köcheln lassen, bis der dünne Kessel schmolz.
Ich war außer mir. Der Strick war zu wenig für die Männer, die solch einer Abscheulichkeit fähig waren.
„Ist es menschlich, Watson? Reden Sie, Mann!“, fuhr Holmes mich mit blitzenden Augen an.
Ich bestätigte es.
„Dieses Monster!“, zischte Holmes voll kaum zurückgehaltenem Zorn.
Ich konnte keine Sekunde länger ertragen dieses Herz in dem brodelnden Blut zu sehen. Ich ergriff den Kaminhaken und war drauf und dran damit das Herz aus dem Kessel zu angeln. Ich wusste nicht, was ich danach damit anstellen würde, doch ich war mir selten über irgendetwas so klar gewesen, wie darüber, dass es nicht in diesen Teekessel voller brodelnden Blutes gehörte.
„Was tun Sie da, Watson?“, Holmes ergriff meine Hand und hinderte mich an meinem Vorhaben.
„Ihr Herz aus diesem verfluchten Kessel entfernen, was sonst, Holmes?“ zischte ich grimmig zurück.
Holmes legte seine Hand auf meine Schulter. „Und was, wenn ich fragen darf, haben Sie anschließend damit vor, Watson? Wollen Sie es mit sich herumtragen? Nach Highgate fahren und es in ihrem leeren Grab bestatten? Es in Formaldehyd einlegen? Wir wissen ja noch nicht einmal, wessen Herz das wirklich ist…“  
Ich begriff ja, was er mir mitzuteilen versuchte. Dennoch erschien es mir so über die Maßen grausam dieses Herz in dem noch immer blubbernden und brodelnden Blut zu belassen.
„Den Kessel vom Feuer zu nehmen ist alles, was wir im Moment für Miss Maguire  und ihr  Herz tun können, Watson.“ 
Es konnte nur eine Frage der Zeit sein, bis Abberline von der Nachricht an der Wand des Diogenes-Clubs hörte und hier auftauchen musste. Sollten wir dieses Herz aus dem Kessel entfernen, konnte er uns der Vernichtung von Beweismitteln, der Irreführung der Justiz oder Schlimmeren beschuldigen.
„Verflucht, Holmes! Verflucht!“
Holmes nahm mir den Kaminhaken aus der Hand und störte damit die Glut im Kamin auf, das Feuer loderte hell auf, winzige Funken stoben in den Kaminschacht hinauf. Der Raum lag plötzlich erhellt vom rötlich gelben Licht des Feuers vor uns.
„Sehen Sie!“
Da waren Worte an eine der bisher im Schatten liegenden Zimmerwände geschrieben worden:

"Today I bake, tomorrow I brew,
Then the Queen's child I shall stew.;
For nobody knows my little game,
for Rumpelstiltskin is my name."

Ich trat fasziniert und abgestoßen zugleich näher zu der Wand. Der Text war in großen, schief stehenden Buchstaben verfasst. Anders als bei dem Ripperbrief im Daily Mirror waren sowohl Zeichensetzung wie Rechtschreibung einwandfrei.
„Ist das Blut, Watson?“
„Ja!“, bestätigte ich voller Ekel.




Aber selbst in Blut köchelnde Herzen und das gespenstische Kannibalengedicht Rumpelstilzchens bilden jedoch längst nicht den letzten Höhepunkt des Horrors, dem Holmes und Watson bei ihrer Suche nach dem Mörder der jungen Miss Molly Maguire erwartet…


Freuen Sie sich also auf ein spannendes neues Abenteuer des besten Detektivs der Literaturgeschichte … 

Der erste Teil von "Sherlock Holmes - Eine Studie in Angst" ist hier erhältlich: 

Sonntag, 10. November 2013

Sherlock - Gewinnspiel



Es geht weiter voran mit dem zweiten Sherlock Roman, der Sherlock und Watson in einem Fall sieht, der düsterer und komplexer gestaltet ist, als ihre Abenteuer im Ersten Teil von „Sherlock Holmes – Eine Studie in Angst“  

Doch da bis zum erscheinen des Zweiten Teils noch einiges an Wasser die Themsebrücken herab fließt, will ich für alle neuen und alten Sherlock Fans, die Wartezeit bis dahin etwas verkürzen, indem ich  vom 9.11. bis einschließlich 16.11. insgesamt 100 Gutscheine für mein Kindle e-Book „Sherlock Holmes - Eine Studie in Angst / Teil 1“ verlose.  






Und so funktioniert’s: 

Einfach eine Mail an:  davidgray600 (at) gmail.com   schreiben und mit etwas Glück gehört ihr zu den Gewinnern eines Gutscheins für die Kindle Ausgabe meines ersten Romans um den klassischen Meisterdetektiv aus der Baker Street 221b.

 
(Selbstverständlich werden die Mailadressen aller Teilnehmer vertraulich und entsprechend der geltenden Datenschutzregelungen behandelt.) 





Hier ist das Buch im Kindle Format zu haben: 
 und hier gibt's Sherlock als  





Sherlock, ein typischer Viktorianer?



Es geht weiter voran mit Sherlock Holmes Teil Nummer Zwei, der Sherlock und Watson in einem Fall sieht, der düsterer und komplexer gestaltet ist, als ihre Abenteuer im Ersten Teil von „Sherlock Holmes – Eine Studie in Angst
Zunächst einmal bekommt Watson in Teil Zwei Grund an Mycroft Holmes Aufrichtigkeit zu zweifeln, als ihm bewusst wird, dass Holmes Bruder offenbar um die wahre Identität Jack the Rippers weiß, der Horrorgestalt des Viktorianischen Zeitalters schlechthin. 


 
Jack the Ripper, der wie ein böser Geist über London schwebt, zeitgenössische Illustration aus dem Unterhaltungs-Magazin "Punch"



Doch auch wenn der Ripper im Hintergrund der Geschichte stets präsent ist, macht Sherlock seinem Freund Watson und dem Inspektor Lestrade schnell klar, dass sie es bei ihrem neuesten Fall nicht mit dem Original Ripper zu tun haben können, sondern womöglich gleich an eine Gang von Mördern geraten sind. 





Weitere prominente Themen in dem neuen Roman sind Herzen, die in Teekesseln gekocht werden, in Blut verfasste Gedichte an der Wand eines verlassenen Hauses und eine mysteriöse junge Dame, die von ihrem Mörder offenbar mit seidenen Leichenhemden bedacht wurde. Überhaupt spielen Friedhöfe eine große Rolle in dem Buch.  
Das hat seinen Grund in der viktorianischen Realität. Damals war man nämlich ganz allgemein, „absolut fasziniert vom Tod und den Riten, die man um ihn herum gesponnen hatte, während man zugleich entsetzt und besessen von der Vorstellung war, möglicherweise lebendig begraben zu werden.“ Das meint zumindest die Historikerin und Viktorianer Expertin Catherine Arnold in ihrem interessanten Buch „Necropolis – London and ist Dead“. Auf dem Höhepunkt des viktorianischen Zeitalters  wurden sogar verschiedene Mechaniken patentiert, die es einem aus Versehen lebendig begrabenem erlaubten aus seinem Sarg heraus über Glockengeklingel oder – Hightech als Viktorianisch! – eine Gaslampe Lebenszeichen von sich zu geben.
Überhaupt ist es ganz interessant einmal einen etwas genaueren Blick auf die Vorlieben und Ängste von Sherlocks realen Zeitgenossen  zu werfen. 



 
Die Viktorianer waren fasziniert vom technischen Fortschritt, den ihr Zeitalter mit sich brachte. Kein Wunder also, dass ihre Bahnhöfe an Paläste erinnerten ...


Wovon man – abgesehen von Friedhöfen und Toten -  im London gegen Ende des 19. Jahrhunderts fasziniert war, waren in etwa in dieser Reihenfolge: die Gefahren von vorehelichem Sex und Alkohol für junge Damen, die USA, der Wilde Westen und mögliche anarchistische Terrorplots.
Auch wenn – dem Krimigenre geschuldet – wirklich unschuldige (im sexuellen Sinne) junge Damen eher in „short  supply„ in Herrn Grays Sherlock Nummer Zwei sind, spielen Leichen, Friedhöfe, Amerikaner, der Wilde Westen, Alkohol und vorehelicher Sex durchaus größere Rollen darin. 
 
Die Heilsarmee zum Beispiel, wurde zu dem, was sie heute ist, vor allem durch ihre erbittert geführten Kampagnen gegen den übermäßigen Alkverbrauch der Arbeiter und kleinen Angestellten in den Industriemetropolen. 




Ein Poster der Heilsarmee vom Beginn des 20. Jahrhunderts, der Stil dieses Bilds unterscheidet sich kaum von dem seiner Vorgänger im späten 19. Jahrhundert

Das bevorzugte Gift der unteren Klassen war seinerzeit billiger Gin, der wesentlich rascher wirkte, als das übliche ziemlich dünn gebraute Bier. Der Ginverbrauch muss, vorsichtigen Schätzungen von Historikern zufolge, tatsächlich enorm gewesen sein: Etwa 130 Liter pro Kopf und Jahr für Frauen und fast das Doppelte für Männer. Um das ganz klarzustellen, wir reden hier von Gin, der locker um die 25 bis 32 Prozentanteile Alkohol hatte. 
Der Stoff war so billig herzustellen und überall zu haben, er bot für Arbeiter, Tagelöhner und kleine Angestellte die günstigste und am weitesten verbreitetste Fluchtmöglichkeit aus ihrem tristen Alltag.
Ein wenig an allgemeiner Statistik gefällig? 
Im Londoner Eastend, dem damals am dichtesten besiedelten Ort der Welt, lebten durchschnittlich drei Leute auf zwei Quadratmetern!
Die Zustände in den Slumvierteln Londons, Liverpools, Glasgows, Leeds, Yorks und Edinburghs an einem Freitagabend auf dem Höhepunkt des viktorianischen Zeitalters glichen offenbar dem, was wir heute zum Ausnahmezustand erklären würden. 


 
William Hogarths Bild zeigt die Auswirkungen des Ginkonsums auf die armen Klassen Mitte des 18. Jahrhunderts, doch bis zum späten 19. Jahrhundert blieb Gin - überhaupt Alkohol - das beliebteste Rauschmittel in den Slums. Mit den daraus zu erwartenden Folgen. 


Bis fast zur Besinnungslosigkeit (und darüber hinaus!) betrunkene Männer und Frauen säumten die Straßenränder. Um die Kneipen herum, fielen Betrunkene übereinander und umeinander aus den Türen. Und eher früher als später ergaben sich  us den nichtigsten Anlässen heraus irgendwo in den Slums regelmäßig wilde Straßenschlachten, bei denen neben Ziegeln, Pflastersteinen und Bauhölzern auch schon mal Metzgerbeile, Hämmer, Spitzhacken, Spaten und Schaufeln zum Einsatz kamen. Übrigens fasste ein Ginglas der Viktorianer ungefähr dieselbe Mengen an Flüssigkeit wie eine heute gebräuchliche Coca-Cola-Dose. Mit anderen Worten ungefähr das Vierfache eines heutigen Doppelten Schnapses. Man darf vermuten, dass die chronisch unterernährte Arbeitermassen in den Slumvierteln daher nicht viele dieser Gingläser brauchte, um sich temporär in Besinnungslosigkeit oder rein wortwörtlich „um den Verstand“ zu saufen. 
Als man das Arbeitsfähige Alter von Kindern 1833 gesetzlich auf mindestens 9 Jahre festlegte wurde das als große Errungenschaft moderner liberaler und humanitärer Ideen gefeiert.










Im krassen Gegensatz zu den Verhältnissen und Ritualen der Bewohner der Slumviertel standen die typischen Vergnügungen der Mittel- und Oberklassen. 
Diese Glücklichen tummelten sich in hell beleuchteten Theatern, Music-Halls und Salons, wo man Geschäfte anbahnte, Konversation pflegte, die neuesten Kunstwerke bewunderte, oder – total beliebt auch damals – gemeinsam die Klatschspalten der vielen verschiedenen Magazine, Tages – und Wochenzeitungen durchhechelte.  






In Abwesenheit von Radio, Kino und TV boten Zeitungen und Romane die gebräuchlichste Form der Abwechslung.  Beliebt war, was man heute als Romantic-ChickLit bezeichnen würde, wobei Sex selbstverständlich stets nur angedeutet wurde. 
Als der erste wirkliche (und immer noch brillante) Horrorroman „Jekyll & Hyde“ erschien, zum Bestseller wurde und kurz darauf auch im Westend als Theaterstück aufgeführt wurde, pflegten während den Vorstellungen so viele junge Damen in Ohnmacht zu fallen, dass man dies zum Anlass nahm den Zeitungen ausdrücklich vor dieser Nebenwirkungen zu warnen und künftige Theatergänger anwies, doch keinesfalls das Riechsalz zu hause zu lassen. (Riechsalzproduzenten müssen Robert Louis Stevenson, den Autor von „Jekyll & Hyde“ damals heftig in ihre Herzen geschlossen haben, nehme ich an). 







Doch das wahre Top-Entertainment welches alle viktorianischen Klassen und Schichten zusammenbrachte waren die Kriminalprozesse im Old Bailey.   
Noch in seinem 1945/ 46 verfasstem Essay „The Decline of the English Murder – der Niedergang des Mordes in England“ träumt sich kein anderer als George Orwell (1984) ironisch ins Viktorianische Zeitalter und dessen Faszination mit einem guten unterhaltsamen Mordprozess zurück. Und Charles Dickens Leserzuschrift an die Times über die Ausgelassenheit und freudige Erwartung der Zuschauermassen während der öffentlichen Hinrichtung der Mörderin Marie Manning und ihres Ehemannes und Komplizen, liest sich für uns heute, trotz Dickens moralischer Entrüstung,  eher wie die Anfangsszene einer Horrorstory. (Wobei man allerdings erwähnen sollte, dass selbst der abgebrühteste Viktorianer entsetzt wäre über die in irgendeinem harmlosen Vorabendfernsehkrimi gezeigte Gewalt.)


 
Zuschauer während Marie Mannings Hinrichtung, deren Ausgelassenheit und Blutdurst  den berühmten Autor Charles Dickens zu einem Leserbrief an die Times anregt...

Dickens nicht weniger berühmter Kollege Orwell war es auch, der die original Sherlock Holmes als „good bad books – gute schlechte Bücher“ bezeichnete, also als Storys und Romane einordnete, die gerade obwohl sie im rein literarischen Sinne keine Meisterwerke darstellen, dennoch so gut und unterhaltsam gestaltet waren, dass man sie immer und immer wieder mit Vergnügen lesen kann.
Mister Eric Arthur Blair (aka George Orwell) bedauerte im selben Atemzug auch, dass in seinem 20. Jahrhundert solche „good bad books“ offensichtlich nicht mehr verfasst worden. (Man darf sich fragen, zu welcher Meinung Mister Blair über das Twilight Phänomen oder gar – OMG! – E. L. James Pornobestsellern gelangt wäre.  Obwohl er andererseits – als Public School Boy – sicherlich Gefallen an Harry Potter gefunden hätte. Und auch Old Mister Charles Dickens, immerhin Verfasser von „David Copperfield“ und „Great Expectations“, hätte zweifellos einiges seiner eigenen Werke in Hogwarts und dessen berühmtesten Zauberlehrling wieder gefunden.)
Überraschend für all die Millionen von Lesefans in den Weiten des Interwebs könnte allerdings sein, dass der (neben Sherlock, Watson und Jack dem Ripper) heute berühmteste Viktorianer Graf Dracula, seinen eigentlichen Siegeszug in die Herzen des Publikums erst kurz nach dem Ende der klassischen Viktorianischen Ära antrat. So richtig berühmt und beliebt wurde er nämlich nicht vor der Wende zum 20. Jahrhundert. Und ins Bewusstsein eines regelrechten Millionenpublikums schlich er sich nur durch die tatkräftige Nachhilfe des gebürtigen Ungarn Bela Lugosi, der ihn in den 1930er Jahren in zahlreichen Hollywoodstreifen verkörperte.    


 
Wie Jack the Ripper, der reale Alptraum der Viktorianer, ist sein fiktives Gegenstück Dracula auch im 21 Jahrhundert noch lebendig und beliebt, wie dieses Webposter für eine neue BBC -TV Produktion beweist ...

Bei allen Widersprüchen und Absonderheiten, die die Viktorianische Ära für uns heute beinhaltet, existieren doch auch einige erstaunliche Parallelen zwischen Sherlocks Zeitalter und dem unseren. Da verfasste ein besorgter Uniprofessor 1892 zum Beispiel ein 230 Druckseiten langes Pamphlet, in dem er vor den unerhörten Gefahren des Telefons für leicht zu beeinflussende junge Damen warnte, die mit Hilfe dieser neuesten Erfindung  unkontrolliert von ihren Eltern in direkten  Kontakt mit jungen Männern treten konnten. Höchst gefährlich – fürwahr!
Erinnert das nicht ein wenig an die aktuell gerade tobende Debatte über die vermeintlich unübersehbaren Gefahren von Internetporn für Teenager? Und was ist mit dem Frauenwahlrecht, das die Gemüter der Viktorianer heftig erregte? Hat deren Aufregung darüber, nicht zumindest eine ungefähre Ähnlichkeit mit dem erbitterten Streit über Abtreibung, der gerade wieder einmal in den USA stattfindet?
Und, da wir ihn hier schon einige Male als Zeugen heranzogen, wie steht’s mit Charles Dickens jahrelangem  Kampf um das weltweite Copyright, den er vor allem in den USA führte, weil man dort seine (und nicht nur seine!) Bücher frisch fromm fröhlich frei in Millionenfacher Auflage als Raubdrucke verkaufte, von deren Verkaufserlösen der Verfasser natürlich keinen Cent sah! Fühlt sich da noch wer an den Urheberrechtsstreit von 2012 und die Internetaktionen gegen den US- Gesetzesentwurf SOPA erinnert? Und was ist mit dem Phänomen des Binge Trinkens, das sogar in den Parlamenten diskutiert wurde? Soll es so gar keine Gemeinsamkeit mit den bevorzugten Vergnügungen der viktorianischen Arbeiterklasse aufweisen?  
Viele  kluge - und jede Menge weniger kluge – Kollegen von Herrn Gray haben bereits literweise Tinte über die Frage verbraucht, was Sherlock Holmes und seinen Sidekick Watson so nachhaltig beliebt beim Lesepublikum macht. Ich für meinen Teil bin sicher dass es nicht nur eine gewisse Nostalgie, die meisterhaft gehandhabten Plots und Rätsel der Geschichten und Romane und Arthur Conan Doyles knapper Schreibstil sind, die den Meisterdetektiv zu seiner nachhaltigen Beliebtheit bis ins 21. Jahrhundert hinein verhalfen, sondern auch all die unterschwelligen Ähnlichkeiten mit seinem Zeitalter und dem unseren.

Es existieren allerdings auch einige ebenso überraschende Unterschiede zwischen den beiden Zeitaltern. So war die Mordrate der Viktorianischen Ära wohl etwas geringer, als heute. Ein Umstand, den Sherlock und den Doktor  sicherlich mit Genugtuung zur Kenntnis genommen hätten…


 Wer noch ein wenig tiefer in die erstaunliche Welt der Viktorianer eintauchen mag, dem sei der erste Band meiner kleinen Sherlock Holmes Trilogie empfohlen: 





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Das Taschenbuch dazu hier:  Sherlock Band Eins Taschenbuch